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Die legendäre Nutria-Bekämpfung in den Niederlanden

Von Verwirrungen, Verwechslungen, Verdrehungen 

- oder wenn 2 % plötzlich ausschlaggebender sind als 98 %.

Die legendäre Nutriabekämpfung in den Niederlanden sowie die inzwischen legendäre Berichterstattung

" Niedersachsen & Bremen - Deutsche und Niederländer verbünden sich gegen Nutria " 

So die Schlagzeile in "Der Welt"  am 15.2.2018

Mal wieder ein beispielhafter Artikel von der dpa, der nun sicherlich in den nächsten Tagen wieder ungeprüft von sämtlichen Medien aufgenommen und verbreitet wird.

Abgesehen von den üblichen Behauptungen Nutrias seien ja ach so schädlich für Deiche und unsere heimische Tierwelt, werden hier auch mal wieder Zahlen und Zusammenhänge dargestellt, die dringenst einer Richtigstellung bedürfen.

 

Zitat aus dem Artikel:

"Den Niederlanden ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die Nutria aus dem Binnenland zu verdrängen."

 

Dazu die Zahlen :


Zahl der gefangenen und getöteten Nutrias in den Niederlanden (Quelle s.u. )

2010:  ca.    500 Nutrias

2016:        1.897 Nutrias

Ob man hier von einer "gelungenen" Verdrängung sprechen kann, wenn inzwischen die vierfache Anzahl Tiere vorhanden ist ?

Richtig ist, dass sich die Anzahl der Nutrias im Binnenland tatsächlich nur im zweistelligen Bereich bewegt und die Hauptvorkommen im Grenzgebiet liegen.

Oder hat man wieder Bisam und Nutria verwechselt ? 

Da sehen die Zahlen wie folgt aus:

2010:   120.000 Bisame

2016:     81.125 Bisame

 

Hier beim Bisam kann man also tatsächlich von einem Rückgang der Bestände sprechen bzw. einem Rückgang der erlegten Tiere.

Wie dieser Rückgang nun zu erklären ist, kann man alleine anhand der Zahlen schwer sagen. Ob es an vermehrter Bejagung liegt, an weniger Bejagung (wo weniger bejagt wird, gibt es zwangsläufig auf weniger Tote) oder vielleicht an dem Umstand, dass dort wo Nutrias vermehrt auftreten es in der Folge weniger Bisame gibt, da diese aus dem Revier verdrängt werden.

Die vielzitierte und legendäre Nutriabekämpfung in den Niederlanden,

die eigentlich eine Bisambekämpfung ist

Hier eines der armen Geschöpfe, die seit Jahrzehnten gnadenlos bekämpft werden.

Der Bisam ( Ondatra zibethicus )

Man schreibt und spricht immer sehr gerne in fast allen Artikeln und Berichten von einer sogenannten Nutriabekämpfung in den Niederlanden. Und suggeriert, man hätte eigens für die Nutrias eine Institution errichtet, die sich ausschließlich mit der Bekämpfung der Nutrias befassen würde.

Bezeichnender und korrekterweise nennt sich die zuständige Stelle allerdings

 Muskusrattenbestrijding 

Muskusrat ist die niederländische Bezeichnung für den Bisam, bei uns auch als Bisamratte bekannt.

Auch wenn es permanent leider immer noch versehentlich, aber auch absichtlich verwechselt wird:

Bisam ist nicht Nutria ! - Bisamratte ist nicht Biberratte !

Diese zuständige Stelle in den Niederlanden heißt also Bisambekämpfung, weil sie genau dafür eingerichtet wurde und dort den Bisam bereits seit langem bekämpft. Die Nutrias wurden dort nur zusätzlich mit in das Bekämpfungsprogramm mit aufgenommen.

(in Deutschland wird der Bisam übrigens auch schon seit Jahrzehnten bejagt, in der Regel von speziellen Bisamjägern)

 

2,3 Prozent


Doch wie gross ist der Anteil gefangener/ getöteter Nutrias in den Niederlanden ?

Beispielsweise die Zahl der getöteten Tiere aus 2016:

gefangene/ getötete Bisame:    81.125

gefangene/getötete Nutrias:        1.897  

 

Auch hier, in der Gegenüberstellung, wird mehr als deutlich, wo der Schwerpunkt der Bekämpfung liegt. 

Der Anteil an gefangenen und getöteten Nutrias in den Niederlanden beträgt gerade mal   

2, 3 Prozent  !!!

 

Nicht neunzig, nicht fünfzig, nicht zwanzig, zehn oder fünf, nein noch weniger als die Hälfte von fünf, nämlich 2,3 % !

In anderen Bereichen würde dieser prozentuale Anteil als sehr seltenes Vorkommen gelten.

Das relativiert dann doch die so immens dargestellte " Nutria-Bekämpfung " in den Niederlanden, Welche eben leider regelmäßig so dargestellt wird, als würde es diese Maßnahmen in den Niederlanden alleine ! für die Nutrias geben.

Ob dies aus Unwissenheit oder mit Absicht so dargestellt ist ? Schlimm ist beides, meiner Meinung nach.

 

Somit sollte man, wenn in so manchen Artikeln auch immer wieder davon geredet wird, die Niederländer würden immense Gelder zur Bekämpfung der Nutrias ausgeben, nach dem Motto, "dass müssten wir doch dann auch mal investieren", einfach mal realisieren, dass die Nutrias dort in Relation gesehen, eher den "Beifang" darstellen, wenn auch nicht unbeabsichtigt.

Kurz, eben auch bei diesen oft genannten immensen Kosten entfallen gerade mal etwas mehr als 2 % auf den "Nutriabeifang".  

(Und dieser "Beifang" ist vor allem im Grenzgebiet)

Übrigens, auch in Deutschland werden um ein Vielfaches mehr Bisame als Nutrias gefangen und getötet.

Da sieht es nicht viel anders aus. Und das alles um eventuelle Schäden zu vermeiden, die oft selbstverursacht sind bzw. die man auch ohne Blutvergießen nachhaltiger vermeiden könnte.

So, es darf sich jetzt jeder selber eine Meinung darüber bilden,

was von einer solchen Berichterstattung zu halten ist.

 

Anmerkung zum Thema Folgen einer Bejagung:

Bejagung kann auch Verbreitung fördern


Wie man das teils von anderen Tierarten kennt, kann Bejagung, neben einer Erhöhung der Reproduktionsrate, auch die Verbreitung fördern.

Da in den letzten Jahren die Intensität der Bejagung auf Nutrias in Niedersachsen und somit auch im Grenzgebiet zu den Niederlanden gestiegen ist, ist es nur plausibel davon auszugehen, dass so manches Nutria sich auf der Suche und Hoffnung nach friedlicheren Gefilden auch Richtung Niederlande auf den Weg gemacht hat. Und damit die nun höheren Bestände im holländischen Grenzgebiet zu erklären sind.

Auch wenn sie in der Regel sehr Standorttreu sind, Überlebenswille und Wunsch nach friedlichem Leben existiert auch bei diesen Tieren. Und es wurden auch schon in der Vergangenheit Abwanderung einzelner Exemplare beobachtet, dort wo bejagt wurde. Zwar waren es meist nicht alle Tiere, ein unerschütterlicher " Rest " bleibt meist immer, aber ein paar suchen auch schon mal ihr vermeintliches Glück in der Ferne. Nur Frieden und Ruhe finden sie dort dann leider auch nicht.

 


Quellenangaben zu den erwähnten Zahlen meinerseits, die in andere Artikel und Berichten  über die Nutrias regelmäßig fehlen: 

www.muskusrattenbestrijding.nl 

Bericht aus dem Jahr 2016

https://muskusrattenbestrijding.nl/wp-content/uploads/2017/06/Jaarverslag-muskusbeverratten-2016.pdf

 

Bericht aus dem Jahr 2011

https://wildundhund.de/wp-content/uploads/sites/2/old_docs/referat_referat_steenmoerkens19-10-2011.pdf


weiteres zum Thema und Hintergründe

überarbeitet 02.23

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